Ich erwiderte seinen Blick ohne jede Reaktion auf das, was er gerade gesagt hatte. Sein Kompliment war genau so falsch wie sein Grinsen und ich hätte ihm gerne einen fiesen Spruch aufs Auge gedrückt. Aber ich wusste, dass darunter die Kleine am meisten zu leiden hatte. Daher biss ich mir auf die Zunge und fragte stattdessen „Wer ist überhaupt diese Tatia, dass du sie unbedingt hier haben willst?“
Als Marcel dann von den Zauberbüchern meiner Schwester anfing und zudem auf Davina zu sprechen kam, wusste ich, dass ich keine Wahl hatte. Ich musste ihm bei seinem perfiden Plan helfen. Der Blick des braunhaarigen Mädchens wurde panisch und ihr Gesicht noch eine Spur blasser als es ohnehin schon war. Ich hatte keine Ahnung, was für ein solches Ritual nötig war und auch Davina schien sich vor lauter Angst nicht erinnern zu können. Als sie nach einer halben Minuten immer noch nicht antworte, begann Pedro schon wieder fies zu grinsen. Ich trat einen Schritt an Marcel heran. „Pfeif erstmal deinen Folterknecht zurück“, sagte ich kühl zu ihm und deute mir einer abfälligen Handbewegung Richtung Pedro. „Du siehst doch, dass sie vor lauter Panik keinen klaren Gedanken fassen kann“, fügte ich hinzu.

Seine Erklärung dafür, warum ihm diese Tatia anscheinend so wichtig war, war genauso nichtssagend wie gelogen. Aber ich tat Marcel nicht den Gefallen und fragte weiter nach. Letztendlich spielte es auch überhaupt keine Rolle. Ich musste ihm wohl oder übel helfen, diese Frau von der anderen Seite zu holen. Denn eins war wohl gewiss: Wenn er so ein Interesse an ihr hatte, konnte sie nur Chaos und Verderben über die Stadt bringen.
Nachdem Marcel Pedro befohlen hatte, einen Stuhl zu besorgen und Davina sich darauf gesetzt hatte, sprach der dunkelhäutige Vampir mit lieber-Onkel-Stimme zu ihr. Auch wenn ich bei dem Anblick nur noch wütender wurde, schien sich das Mädchen zu beruhigen und fing dann an, über den Zauber zu sprechen. Ich hörte aufmerksam zu. Es war ein kompliziertes Ritual, das eine starke Konzentration erforderte. Dabei konnte verdammt viel schiefgehen und ich wusste nicht, ob ich es schaffen würde, selbst mit Davinas Hilfe.

Zum Glück ging Marcel nach ein paar Minuten aus dem Raum. Seine ständige Anwesenheit machte es mir nicht gerade leichter, mich zu konzentrieren. Als ich Davinas weiteren Erklärungen zuhörte, war ich erstaunt wie viel sie trotz ihrer Jugend über solch schwarze Magie wusste. Als ich in ihrem Alter war, hatte ich mich mit kleineren Zaubern wie Kerzen entzünden oder einen Windhauch erzeugen beschäftigt. Ich fragte mich, vorher Davina stammte und wie Marcel eigentlich auf sie aufmerksam geworden war.
Als Marcel dann nach wenigen Minuten schon wieder zu uns kam und ungeduldig nach den Fortschritten fragte, drehte ich mich zu ihm um. „Fürs Erste ist alles geklärt“, erwiderte ich tonlos und sah zu Davina, die daraufhin leicht nickte. „Ich muss allerdings bevor wir anfangen können noch ein paar Dinge besorgen“, fügte ich hinzu und drehte mich ganz zu Marcel um.

Ich sah Marcel genervt an. „Diese Sachen bekommt man nicht in jedem x-beliebigen Supermarkt“, erwiderte ich spöttisch. Das Vampire immer so ungeduldig sein mussten! Ich wusste natürlich, dass mich Marcel niemals allein gehen lassen würde, um die Sachen zu besorgen. Allerdings wollte ich unter keinen Umständen Pedro dabeihaben. Er hatte meiner Meinung nach ein wenig zu viel Spaß gehabt, mich zu foltern. Und das sagte ich Marcel auch unverblümt. „Dann lass mich zumindest von einem deiner anderen Diener überwachen. Der da...“, ich zeigte auf Pedro, „...ist ein wenig zu voreilig, wenn du verstehst“, meinte ich zu Marcel und hob eine Augenbraue.