<<< Marcels Anwesen

Ich wachte mit hämmernden Kopfschmerzen auf und meine Augen gewöhnten sich nur langsam an die Helligkeit. Als ich meine Umgebung schemenhaft wahrnehmen konnte, wusste ich nicht, wo ich war. Die Zimmereinrichtung war mir völlig fremd und entsprach darüber hinaus so gar nicht meinem Geschmack. Nach ein paar Sekunden kehrten auch meine Sinne zurück und ich merkte, dass neben mir noch jemand im Zimmer war. Ich drehte mich zur Seite und entdeckte Pedro. Sein Anblick schockierte mich mehr als es wohl sollte und ich richtete mich schnell auf. Zu schnell, denn mein Kopf fühlte sich plötzlich so an, als würde er explodieren und ich musste mich wieder zurücklehnen.
Pedro sah mich mit einer hochgezogener Augenbraue an und ich merkte, dass er sein fieses Grinsen kaum unterdrücken konnte. Was war in den letzten Minuten, Stunden oder auch Tagen – wer wusste das schon - nur geschehen?! Vor lauter Kopfschmerzen konnte ich keinen klaren Gedanken fassen. Aber eins wusste ich genau, ich musste dringend hier raus. Und das sofort.
„Ich brauche Wasser und eine Tablette gegen meine Kopfschmerzen“, meinte ich mit etwas übertrieben wehleidiger Stimme zu Pedro. Er sollte denken, dass ich mich kaum rühren konnte. Er verdrehte zwar die Augen, nickte aber und stand auf. Nachdem er aus dem Zimmer gegangen war, schaffte ich es aus dem Bett aufzustehen. Auch wenn meine Zauberkräfte momentan mehr als angeschlagen waren, schaffte ich es dennoch, mir etwas körperliche Kraft zurückzuholen. Das würde nicht lange anhalten und danach würde es mir noch schlechter gehen als vorhin, aber um vor Pedro zu fliehen, würde es reichen. Es musste reichen.
Ich positionierte mich dicht neben der Tür und hörte Pedro auch schon zurückkommen. Körperlich war ich ihm natürlich haushoch unterlegen, daher musste ich auf den Überraschungseffekt setzen. Als Pedro die Tür öffnete, trat ich vorhin. Er war überrascht und starrte mich einen Moment irritiert an. Das war meine Chance! Ich trat ihn blitzschnell zwischen die Beine und lief an ihm vorbei Richtung Ausgang. Ich hörte noch sein Stöhnen, bevor ich die Haustür öffnete und hinausstürmte.

Ich wusste nicht wie lange ich nun schon durch die Straßen von New Orleans lief. Ich spürte nur, dass mich so langsam meine Kräfte verließen und ich schleunigst von der Straße runter musste. Marcels Handlanger lungerten in der ganzen Stadt herum und ich durfte ihnen unter keinen Umständen in die Arme laufen.
Als ich schon dachte, ich würde ohnmächtig werden, erblickte ich die Bar. Mit letzter Kraft stürzte ich ins Innere und erkannte noch verschwommen, dass Camille hinter der Theke stand, als ich auf vor Erschöpfung zusammenbrach.

- 3 Tage später -

Es waren inzwischen drei Tage vergangen, nachdem ich den Schleier zur anderen Seite gehoben hatte, dabei ohnmächtig geworden und aus Marcels Villa geflohen war. Seitdem hatte ich noch nichts von ihm oder seinen Handlangern gesehen oder gehört. Und das machte mir ehrlich gesagt Sorgen. Es musste einen guten Grund geben, warum Marcel noch nicht hier aufgetaucht war, um mich zu „fragen“, warum ich getürmt war. Eigentlich ließ er sowas nicht mit sich machen und ich wartete seit dem darauf, dass er, Pedro oder sonst einer seiner Anhänger hier hinein marschiert.
Darüber hinaus fragte ich mich permanent, ob es Davina und mir wirklich gelungen war, diese Tatia zurück auf unsere Seite zu holen und, ob ihr noch andere Geister gefolgt waren. Mir war nicht sonderlich wohl bei dem Gedanken. Ich versuchte diese Gedanken aus meinem Kopf zu bekommen und machte mich daran, die Spirituosen alphapetisch zu ordnen. Und das zum zweiten Mal an diesem Tag.

Ich war mit meinen Gedanken meilenweit weg und zuckte daher leicht zusammen, als mich jemand von hinten ansprach. Ich erkannte diese Stimme sofort und mir fiel fast die Flasche Scotch aus den Händen, die ich gerade in der Hand hielt. Eigentlich dürfte mich nicht überraschen, dass er hier auftauchte. Aber da nie etwas Gutes geschah, wenn Marcel in meiner Bar aufkreuzte, hatte ich gehofft, dass im irgendwas dazwischen gekommen wäre...ein Pflock oder von mir aus auch ein ihn überrollender Bus.
Ich starrte noch ein paar Sekunden auf die Wand vor mir und versuchte so gut es ging, meine Fassung zurückzuholen. Als ich dann endlich der Meinung war, dass ich Marcel in die Augen sehen konnte, drehte ich mich zu ihm um und sah in kalt an. „Pedro ist ein Idiot, der außer Foltern und Töten nichts im Hirn hat“, erwiderte ich spöttisch und zog eine Augenbraue hoch. Auf seine Aussage hin, dass ich ihn immer wieder überraschen würde, ging ich nicht ein. Er würde sich noch früh genug wundern und dann war es hoffentlich das Letzte, was er tat.
Dann kam Marcel auf den Zauber zu sprechen. Ich kniff die Augen zusammen und sah ihn wütend an. Er hatte doch von vorneherein gewusst, dass dabei verdammt viel schief gehen konnte! Seine Vorwürfe konnte er sich echt sparen. „Was schief gelaufen ist?!“, wiederholte ich daher sauer und ballte meine rechte Hand zur Faust. „Irgendeine dunkle Macht von der anderen Seite hatte wohl was dagegen, dass ich den Schleier wieder schließen wollte, nachdem ich ihn geöffnet hatte“, fügte ich sarkastisch hinzu. Erwartete er etwa von mir, dass ich auf seine Frage eine schlaue Antwort wüsste?! Ich hatte ihm gesagt, dass ich keine Ahnung von dieser Art Magie hatte. Jetzt musste Marcel gefälligst mit den Konsequenzen allein fertig werden!

Ich blickte Marcel mit eiskalten Augen an, als er meinte, dass er nur hier wäre, um nach mir zu sehen. Glaubte er tatsächlich, dass ich ihm das abkaufen würde?! Hielt er mich immer noch für so naiv?! Aber vermutlich gefiel ihm nur der Klang seiner Stimme so gut, dass er ununterbrochen belangloses Zeug vor sich hin sagen musste. Die Sache mit Pedro und Marcels anderen Handlangern kümmerte mich eigentlich gerade äußerst wenig. Ich hatte genug Probleme am Hals.
Als mich Marcel dann fragte, ob ich seit dem missglückten Ritual Besuch von Toten gehabt hatte, verstärkte sich mein wütender Blick und ich hatte eine Ahnung, worauf er hinaus wollte. Aber ich hoffte für Marcel, dass er auf diese Anspielung verzichten würde. Denn falls er es wirklich wagen sollte so etwas zu behaupten, konnte ich für nichts garantieren. Ich würde ihn zwar nicht töten können, aber dafür, ihn etwas leiden zu lassen, würde meine Magie dann doch ausreichen. Und dafür würde ich liebend gern auch die nächste Runde von „Foltern mit Pedro“ in Kauf nehmen.
Und er wagte es tatsächlich. „Halt sofort den Mund!“, fuhr ich ihn an und schlug mit der Faust auf den Tresen. Niemand durfte so über meine Schwester reden! Und erst recht nicht so ein elender Vampir. „Meine Schwester würde solch dunkle Magie niemals einsetzen. Und schon gar nicht dafür, um in diese Welt und diese Stadt zurückzukommen. Sie kannte die Gefahren und wäre niemals ein solches Risiko eingegangen!“, fügte ich vorwurfsvoll hinzu. Marcels Behauptung, dass ich es geplant hatte, Jane-Anne zurückzuholen, ließ mich daraufhin plötzlich sehr ruhig werden. Ich sah Marcel mit einem durchdringenden Blick an. „Glaub doch, was du willst, Marcel“, meinte ich nur kalt. Sollte er das doch ruhig glauben. Es änderte rein gar nichts an der Situation. Diese Tatia war zurück und mit ihr garantiert auch noch andere Tote, auch wenn sie bisher noch nicht in Erscheinung getreten waren.

Mir gefiel Marcels Gesichtsausdruck gar nicht, als er Jane-Anne mit dunkler Magie in Verbindung brachte. Natürlich war mir inzwischen auch bewusst, dass sich meine Schwester mit sehr mächtigen Ritualen und Zaubersprüchen beschäftigt hatte, die in den falschen Händen sehr gefährlich sein konnten. Was mich aber am meisten beunruhigte war, dass sie mir nichts davon erzählt hatte. Ich fragte mich schon die ganze Zeit, warum Jane-Anne es mir verschwiegen hatte. Was hatte sie vor? Hatte das irgendwas mit Klaus, Hayley und dem Baby zu tun?! Ich musste es herausfinden. Und zwar schnell und vor allem, bevor Marcel oder Klaus davon Wind bekamen. Sonst würde ich meine Schwester schneller wiedersehen, als mir lieb war... „Ich kann dir nicht sagen, was meine Schwester mit dieser Art Magie vorhatte“, erwiderte ich tonlos. Auf Marcels Behauptung hin, dass sie diese Magie nicht bei sich anwenden würde, um nicht nicht zu gefährden, sagte ich nichts. Jane-Anne war tot. Er hatte sie umgebracht. Er brauchte gar nicht zu meinen, dass ich ihm auch nur den kleinsten Hinweis in dieser Sache geben würde.
Als er vom Scotch anfing, hob ich eine Augenbraue, nahm aber dennoch ein Glas unter dem Tresen hervor. Ich hatte keinen Nerv, wegen sowas eine Diskussion mit Marcel anzufangen. „Ich hoffe doch, du hast vor den auch zu bezahlen“, erwiderte ich ironisch, während ich den goldfarbenen Scotch ins Glas schüttete.
Dann erzählte er mir, dass Davina den Schleier geschlossen hatte, als ich ohnmächtig war und, dass seiner Meinung nach niemand außer Tatia hinüber getreten war. Ich sah Marcel argwöhnisch an. Er hatte überhaupt keine Ahnung, wie das System funktionierte „Wenn man den Schleier an einer Stelle herunterreißt, fällt er überall. In ganz New Orleans und wer weiß, wo noch überall können und sind mit Sicherheit Geister von der anderen Seite zu uns gekommen“, klärte ich Marcel mit Sarkasmus in meiner Stimme auf. „Du kannst überhaupt nicht wissen, dass niemand außer dieser Frau nun hier herumgeistert“.

„Ein Dieb vielleicht nicht“, erwiderte ich ironisch und hob argwöhnisch eine Augenbraue. „Aber dafür ein Mörder und Tyrann“, fügte ich offen hinzu. Die Zeiten, in denen ich Angst oder Respekt vor Marcel hatte, waren schon lange vorbei. Jetzt hasste ihn nur noch abgrundtief. Und das sollte Marcel auch ruhig wissen. Sein dämliches Schmunzeln machte mich sauer. Konnte er nicht einfach sagen, was er von mir wollte?! Wohl nicht. Denn andere Leute nerven konnte der Blutsauger fast noch besser, als sie zu foltern.
Mein Blick wurde düster, als er meinte, dass er Jane-Anne persönlich wieder ins Jenseits schicken würde, wenn sie doch wieder in diese Welt gekommen wäre. Aber auch dieses mal würde ich nicht darauf eingehen. Das wollte Marcel doch nur! Indem er mich wütend machte, spekulierte er darauf, dass ich mich verplapperte und er so doch an Informationen kam. Aber da war er bei mir an der falschen Adresse.
„Schon mal daran gedacht, dass deine Anwesenheit die Leute verschreckt?!“, fragte ich sarkastisch, als Marcel fies grinste und meinte, dass meine Bar auch schon besser besucht war und ein paar Geister vielleicht nicht schlecht wären.

Luna kam in die Bar und sah Marcel sofort ging sie auf ihn zu. Sie lächelte, wie es immer der fall war. Sie sah die Hexe und fragte sich was sie wohl beredet hatten. Sie war kein großer Fan von Hexen und das würde auch immer so bleiben. Leicht lehnt sie sich gegen die Bar und sieht Marcel mit einem lächeln an "Hey hast du einen moment? Ist wichtig" sie grinste immernoch doch marcel würde sehen das sie ihm etwas ernstes von ihm wollte, er kannte sie gut genug und konnte die unterschiede erkennen. Doch wollte sie hier vor der Hexe darüber nicht sprechen. Es gab schon genug dinnge die sie wussten für ihren geschmack.

Ich sparte mir meine Worte, als Marcel davon anfing, dass New Orleans seine Stadt war. Ich verdrehte nur sichtbar genervt die Augen und warf Marcel dann einen spöttischen Blick zu. Ich fragte mich echt, wo er die nervige Angewohnheit her hatte, alle Frauen „Liebes“ zu nennen. Solche Worte aus Marcels Mund zu hören, war alles andere als liebreizend. Im Gegenteil. Es war so falsch, dass ich ihm gern seinen Scotch ins Gesicht geschüttet hätte.
Aber bevor ich diesen Gedanken weiter vertiefen konnte, öffnete sich die Tür und ein weiblicher Vampir betrat die Bar. Ich hatte mir zwar nicht ihren Namen gemerkt, aber ich wusste, dass sie zu Marcel Truppe gehörte. Ich hob skeptisch eine Augenbraue, als sie meinte, dass sie ihn dringend sprechen müsste. Nicht, dass es mich sonderlich interessieren würde. Aber in der Regel kam nichts Gutes dabei raus, wenn Marcel ein Gespräch unter vier Augen führte.
Er legte mir das Geld für den Scotch und reichlich Trinkgeld auf den Tresen und ging mit dem Vampir vor die Tür.